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Stressbelastung und seine Folgen – Osteopathie als Therapieansatz

Aktualisiert: 31. Mai 2022

( von Lukas Pendorf und Heike Müller-Kamlade, Heike Müller - Zentrum Gesundes Sein)


„Stress“ ist für die meisten Menschen heutzutage ein allgemein bekannter Begriff. Er wird oft und vielfältig verwendet: wir beschreiben Alltagssituationen, körperliche und psychische Zustände, Lebensumstände, oder wir erklären mit diesem Begriff die eigene Wahrnehmung unserer Lebenssituation. Auch in der Welt der Heilkunde ist Stress ein zunehmend relevantes Thema.

Studien kommen immer wieder zu dem Ergebnis, dass Stress eine wesentliche Rolle in der Entstehung unterschiedlichster Krankheitsbilder spielt. So werden zugleich eine scheinbar stetig wachsende Zahl an Menschen davon mehr oder weniger dauerhaft beeinflusst. Die Osteopathie, die sich ihrem Anspruch an Ganzheitlichkeit gemäß bemüht, alle Aspekte von Gesundheit in ihre Diagnose- und Behandlungsmethoden einzubeziehen, bildet darin keine Ausnahme. Aus diesem Grund wollen wir versuchen, hier einen Beitrag zu verfassen, um einige uns wichtig scheinende Erkenntnisse zum Thema Stress zusammen zu tragen und zu erläutern, was wir mit unseren osteopathischen Mitteln an Unterstützung dazu beitragen können.



Jeder Mensch reagiert anders auf Stresssituationen


Zum Thema Stress wurde und wird intensiv geforscht, es gibt immer wieder neue Erkenntnisse und Zusammenhänge. Und obwohl dabei auch immer mehr Möglichkeiten entwickelt werden, auf Stress und seine Folgen Einfluss zu nehmen, zeigen viele Untersuchungen vor allem, dass es das eine Rezept was immer und bei jedem hilft, vermutlich nie geben wird.


Das scheint vor allem damit zusammen zu hängen, dass Stress sich sehr individuell entwickelt und von einer Vielzahl von Faktoren abhängig ist. Äußere Stressoren wie Unfälle, Lärm, Hitze, Leistungsdruck, soziale Kontrolle und körperliche Belastung spielen genauso eine Rolle wie individuell unterschiedliche Reaktionen darauf: Ob Stress Nervosität, Ärger, Angst, Hilflosigkeit, Leere, Erschöpfung, Ungeduld oder Betäubungssucht als eine Reaktion hervorruft, kann wiederum die Art beeinflussen, wie er sich im Körper auswirkt. Hinzu kommen außerdem Einflüsse, die außerhalb unserer unmittelbaren Reaktionsfähigkeit liegen: Über die Zeit können sich in der Konstitution des Menschen Stressreaktionen verankert haben, die unsere Stressresistenz allgemein beeinflussen. Hierzu zählen z.B. über lange Zeit entwickelte Verdrängungsmechanismen, persönliche Motive, Einstellungen und Bewertungen, Bindungserfahrungen aus der Kindheit und traumatische Erlebnisse. Diese haben unsere Art zu handeln und zu denken nachhaltig geprägt.


Wichtig für die Qualität der Stressaktion scheint überdies nicht nur, ob sich die betroffene Person in der Lage sieht, die Situation zu meistern, und welche Mittel dafür angewendet werden. Ebenso von Wichtigkeit ist es, ob oder in welchem Maße die Situation überhaupt als bedrohlich, herausfordernd oder etwa die eigenen Werte und Ziele gefährdend angesehen werden. So kann für einige Menschen eine Situation völlig stressfrei oder sogar euphorisch erregend und motivierend sein, während sie für andere in hohem Maß belastend und ermüdend wirkt. Die Entstehung von Stress wäre demzufolge abhängig von der Konstitution der betroffenen Person, ihrer individuellen Kapazitäten und Vorerfahrungen und die über Jahre und Jahrzehnte erlernten Reaktionen auf vorhandenen Stresssituationen. Da dieser Prozess auch niemals abgeschlossen ist, sondern sich mit wechselnden Einflüssen, neuen Erfahrungen und Lernprozessen ständig weiter entwickelt, scheint es sinnvoll zu sein, Stress mehr als dynamischen Prozess denn als singuläres Ereignis oder stabilen Zustand zu verstehen.

Hier muss unbedingt auch erwähnt werden, dass alle diese Einflüsse und Faktoren natürlich auch das Potenzial haben, eine positive Entwicklung im Sinne einer optimierten individuellen Stressreaktion zu ermöglichen . Lernen und Erfahren bietet ständig die Möglichkeit, neue Ressourcen zu entdecken. Jeder Mensch sucht ganz von selbst nach Dingen, die ihn unterstützen und zur Entspannung bringen.


Wie wirkt “Stress” auf den Körper?


Wie aber funktioniert eigentlich „Stress“ und weshalb ist es scheinbar so schwierig, seine Einflüsse und Wirkungen in einer Weise zu verstehen, die es möglich macht, ihn effektiv und zielgerichtet in einer medizinischen Therapie zu adressieren? Die große Vielfalt an Einflüssen ist ein Teil der Erklärung. Jedoch scheint das, was wir mit „Stress“ bezeichnen, auch in sich ein höchst komplizierter Mechanismus zu sein. Dem Biochemiker und Mediziner Hans Selye zufolge, der auch heute noch vielfach als Vater der Stressforschung bezeichnet wird, verläuft der physiologische Mechanismus, der Stress verursacht, unspezifisch ab: Bei jeglicher Art von Anforderung an den Körper reagiert das Körpersystem annähernd gleich, egal ob diese vom Körper als positiv oder negativ wahrgenommen wird. Die so ausgelöste biochemische Reaktion erstreckt sich über viele unterschiedliche Organe und Systeme hinweg. Herzfrequenz und Atmung, aber auch Immunaktivität, Stoffwechsel und sexuelles Empfinden werden direkt von dieser unspezifischen Reaktion des Körpers auf Stress beeinflusst. Es findet eine Antwort des gesamten Körpers statt, um in einer Stresssituation alle Funktionen des Körpers zur Bewältigung derselben Aufgabe sofort ansteuern zu können.


Selye zufolge kann ein gesunder Körper diese erste Alarmphase, die er als General Adaptation Syndrom (GAS) bezeichnet, gut kompensieren und schnell auch alle Funktionen des Körpers wieder auf ein Ruheniveau zurückbringen. Da der Mechanismus den Körper eigentlich erhalten und schützen soll, wirken kurzzeitig durch Stress belastete Situationen sogar leistungssteigernd und motivierend auf den Körper, unter anderem weil das in der Initialphase als Neurotransmitter maßgeblich beteiligte Noradrenalin stärkend auf neuronale Schaltkreise zu wirken scheint und Lernprozesse anregt.


Wann ist “Stress” schädigend für den Körper?


Stress kann dann schädigend auf den Körper wirken, wenn bereitgestellte Hormone und Energiereserven nicht verbraucht werden. Dieser Stress in Inaktivität ist ein in unserer Gesellschaft immer häufiger auftretendes Phänomen: Viele Berufe erfordern wenig körperliche Bewegung. Gleichzeitig werden aber durch einseitige Körperhaltung oder hohe psychische Anforderungen im Körper eine enorme Stressreaktion ausgelöst. Solche Anforderungen können zunächst gut vom Körper kompensiert oder durch Bewegung außerhalb der Arbeit ausgeglichen werden. Die Bewegung bedingt, dass die durch die Ausnahmesituation Stress mobilisierten Nährstoffe und Hormone dann verwertet werden, sodass sie keine Belastung mehr für das Körpersystem darstellen.



Die Reaktionsmuster auf Stress besitzen aber auch das Potenzial, die Ressourcen des Körpers über lange Zeit hinweg so weit zu schwächen, dass auch bei anfänglicher Gesundheit nach und nach Folgen der dauerhaften Belastung das innere Gleichgewicht ins Wanken bringen. Bei dauerhaft anhaltendem Stress kommen andere Mechanismen als die durch das Noradrenalin gesteuerte Stressreaktion der Frühphase zum Einsatz: Vor allem das Hormon Cortisol spielt dann eine zentrale Rolle. Ein hohes Cortisol-Level verändert beispielsweise die immunologischen Abläufe des Körpers. Bei chronischer Erhöhung des Cortisolspiegels im Blut kann eine vermehrte Krankheitsanfälligkeit entstehen. Immer wieder auftretende Infekte oder kleinere Verletzungen können dann über die Zeit die Widerstandsfähigkeit des Körpers verringern. Damit reduziert sich die Möglichkeit auf Stress adäqaut zu reagieren. Da der Körper in einer akuten Stresssituation außerdem möglichst viele seiner Reserven zur Bewältigung der Stress-auslösenden Situation zur Verfügung stellen möchte, können Regenerationsprozesse, die nichts mit der unmittelbaren Anforderung zu tun haben, in den Hintergrund geraten. Über längere Zeit betrachtet kann die Leistungsfähigkeit der Organe durch diese chronische Stressreaktion beeinflusst werden. Hier ist vor allem das Verdauungssystem zu nennen, was unter Einfluss der Stresshormone weniger Sauerstoff und Nährstoffe erhält. Eine schnellere Abnutzung kann die Folge sein. Da der gesamte Körper an der Stressreaktion beteiligt ist, kann dieses Ungleichgewicht sich auf sehr unterschiedlichste Arten bemerkbar machen und langfristig eine Vielzahl von Beschwerden und Krankheitsbildern mit beeinflussen.


Wie weitreichend sich die Folgen dieser Prozesse im Körper bemerkbar machen können, zeigen unter anderem groß angelegte Studien. In diesen Studien wird beschreiben, dass der chronische Stress mit dem Burn-out Syndrom, depressiven Erkrankungen, dissoziative Störungen, Hyperventilation, Enuresis, Insomnie oder dem Auftreten posttraumatischer Belastungsstörungen in Verbindung zu bringen ist. Auch Magenverstimmungen, Reizdarmsyndrome und Menstruationsstörungen weisen in der Forschung Relationen zu chronischem Stress auf.


Sie interessieren sich für eine Studie? Informationen finden Sie hier. LINK



Und was können Sie selber für sich tun?


Grundsätzlich unterstützt ein gesunder Lebenswandel Ihre Möglichkeiten, ideal auf Stresssituationen reagieren zu können:

Wußten Sie, dass der Verzehr von Zucker indirekt Ihren Gehirnstoffwechsel negativ beeinflußt? Eine gesunde und ausgewogene Ernährung versorgt Ihre Gehirn- und Körperzellen mit ausreichenden Nährstoffen und Mineralien für einen gesunden und optimal funktionierenden Stoffwechsel - für eine bestmögliche Stressanwort.

Wie oben bereits beschrieben lassen sich die über den Tag ausgeschütteten Stresshormone nach Feierabend außerdem gut durch Bewegung abbauen. Durch einfache Aktivitäten wie Spazierengehen, Radfahren, Inlineskaten, Golf- oder Tennisspiel kann der Stresspegel reguliert werden. Entspannungssportarten wie autogenes Training, Yoga, Qigong und Progressive Muskelrelaxation (PMR) können ebenfalls beim Abbau von Stressreaktionen helfen.

Auch Musizieren oder Hobbys, die Körper und Geist entspannen, können zum Stressabbau beitragen.


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„Verbringe jeden Tag einige Zeit mit dir selbst.“ (Dalai Lama)


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Auch Eigenübungen im Alltag können helfen, die physiologische unspezifische Antwort auf Stresssituationen zu reduzieren. Achtsamkeitsübungen, Atemübungen und regelmäßige Meditationspraktiken weisen darauf hin, dass sie erfahrungsbasierte strukturelle Veränderungen im Gehirn hervorrufen und möglicherweise auch die altersbedingte Atrophie in bestimmten Hirnarealen bremst. Die Meditationspraxis scheint die neuronale Plastizität in Arealen mit Bedeutung für die sensorische, kognitive und emotionale Verarbeitung zu fördern: in diesen Bereichen wurden in Studien höhere Kortexdicken gemessen als bei den Vergleichspersonen

Sie leben also mehr Gelassenheit und sind in Ihrem Alltag ausgeglichener.


Sie möchten mehr Informationen. Lesen Sie hier LINK



Entspannung beginnt im Kopf.


Unser Geschenk für Sie. Eine kleine Achtsamkeitsübung für Ihren Alltag finden Sie hier zum herunterladen


Achtsamkeit
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Download • 3.31MB

Wie kann Osteopathie bei Stressbelastungen unterstützen?


Es scheint sich bei Stress also um einen Komplex mit enormer Reichweite zu handeln, der über eine Vielzahl an Möglichkeiten verfügt, sich im Körper zu manifestieren. Was also kann die Osteopathie dazu beitragen, diese Problematik zu adressieren und dem Körper Unterstützung zu liefern?

Da äußere Umstände wie Arbeit, Familie und Umfeld eine große Rolle zu spielen scheinen, muss uns klar sein, dass wir in unserem Behandlungsraum nicht alle Faktoren gleichermaßen beeinflussen können. Da aber Stress ein fundamental körperlich ablaufender Prozess ist, steht uns eine Reihe an Möglichkeiten zur Verfügung einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung des Körpers sowohl während und als auch nach durch Stress belasteten Phasen zu leisten.


Zunächst besteht eine große Stärke der Osteopathie darin, dass sie jeden Patienten individuell in seiner Gesamtheit betrachtet und befundet, so wie es einem extrem individuell ablaufenden Mechanismus angemessen ist. Des Weiteren stehen der Osteopathie Techniken zur Verfügung, die an jeder Stelle des Körpers ansetzen und Einfluss nehmen können, sodass die unterschiedlichen Auswirkungen im Verdauungssystem, im Muskelapparat und im Nervensystem jeweils eine angepasste Antwort finden können.



Craniosakrale Osteopathie als wirksamer Therapieansatz


Als besondere Kompetenz der Osteopathie kann hier der Craniosakrale Therapieansatz gelten, der darauf abzielt, direkten Einfluss auf Strukturen des zentralen und peripheren Nervensystems zu nehmen. Hier erfolgen die Vermittlung von Stressreaktionen über Noradrenalin, Adrenalin und Cortisol an die Organe. Durch die Behandlung insbesondere des Stress vermittelnden sympathischen Grenzstrangs, der rechts und links der Wirbelsäule an der Innenseite der Rippen liegt, kann ein beruhigender und ausgleichender Effekt im Körper erreicht werden, der den Effekten von Stress entgegenwirkt. Auch durch die Behandlung der beiden großen entspannungsvermittelnden parasympathischen Zentren auf Höhe des Kreuzbeines und dem Übergang des Rückenmarks in den Hirnstamm kann ein beruhigender und ausgleichender Effekt im Körper erreicht werden, der ebenfalls den Effekten von Stress entgegenwirkt. Genauso wie das General Adaptation Syndrom (GAS) in seiner Aktivität den gesamten Körper beeinflusst, so tut sein Entspannen dies in derselben Weise.

Osteopathische Techniken, die auf Organgebiete abzielen, die besonders von den Effekten betroffen sind wie etwa das Verdauungssystem, können darüber hinaus unterstützend zur Regeneration beitragen.

Die Behandlung alter Verletzungen nach Unfällen, versteifter Gelenke, verspannte Muskeln und verklebte Faszien, von Operationsnarben die bis tief in den Körper verhärtete Stränge vernarbten Bindegewebes hinterlassen haben und das Ausgleichen über Jahre entstandener Dysbalancen in der Rumpf-, Nacken-, Becken- und Haltungsmuskulatur können dafür sorgen, dass der Körper weniger Energie für seine innere Stabilität aufwenden muss. Diese Energie kann dann zur Regeneration, zur Nahrungsaufnahme oder zur Sicherstellung der körperlichen Funktionen und Abläufe aufgewandt werden. Auf diese Weise freigewordene Ressourcen können wiederum für die Bewältigung fordernder Situationen genutzt werden, die daraufhin weniger Energie vom Körper fordern. So lässt sich nach und nach sie der negative Stressreaktionskreislauf umkehren.



Hätten Sie´s gewusst?


Biodynamische Osteopathie beschäftigt sich unter anderem mit den Wachstumsbewegungen und Entwicklungsrichtungen des Embryos in seinen unterschiedlichsten Entwicklungsstadien. Wenn wir uns einmal vorstellen, dass lediglich aus einer einzigen männlichen und einer einzigen weiblichen Zelle ein vollständiges Körpersystem, ein Mensch, entsteht. Wieviel unglaublich viele Entwicklungs- und Wachstumsschritte sind notwendig für die Entstehung eines menschlichen Körpersystems. So basiert diese osteopathischen Behandlungsform auf dem Wissen von der Entwicklung eines Menschen von der Befruchtung bis zur vollständigen Fertigstellung des Körpersystems – unter normalen Umständen ist das der Zeitpunkt unserer Geburt.

Jede Bewegung und Richtung in der Entwicklung unseres Embryos ist in unserem Körper- und Emotionalen System abgespeichert. Wie wäre es, wenn wir die Entwicklungsstadien unseres Nervensystems als eine Art Blaupause nutzen könnten? Das Körpersystem könnte die durch das Leben entstandenen Herausforderungen und damit verbundenen Spannungsfelder mit einer eigenständigen inneren,sanften Arbeit ausgleichen, indem es sich an seine Ursprünglichkeit erinnert. Wundervoll?


Zurück zu mir nach Hause - zurück zu meiner ureigenen Mitte.

Sie benötigen noch weitere Informationen? Sprechen sie uns an. Wir kümmern uns um Sie!

Herzlichst


Ihre Heike Müller-Kamlade und Team




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